Am 8. März ist Weltfrauentag. Zeit über Rollenklischees in der Berufswelt nachzudenken! Mal ehrlich: viele denken immer noch zuerst an Kartoffelköniginnen, die Landfrauen und vielleicht noch an Köchinnen, wenn sie an Frauen denken, die beruflich in der Kartoffelwelt zu Hause sind. Doch Frauen arbeiten in allen Bereichen der Kartoffelindustrie. Sie bauen die Knollen an und ernten sie, stehen an erster Front in der Entwicklung und Forschung, im Marketing und in der Vermarktung, sie sind Führungskräfte und Inhaberinnern von landwirtschaftlichen Unternehmen und engagieren sich in Netzwerken, wie der Kartoffel Marketing GmbH. Wir haben eine von ihnen interviewt: Yvonne Prüfer. Sie ist 31 Jahre alt und seit über zwei Jahren Geschäftsführerin der Solanum Vermarktungsgesellschaft im thüringischen Harth-Pöllnitz, einem Ort zwischen Zwickau und Jena.
Wow, Yvonne, du bist mit 28 Jahren Geschäftsführerin eines erfolgreichen mittelständischen Unternehmens geworden! Seit August 2017 leitest du die Solanum Vermarktungsgesellschaft mbH und engagierst dich zudem im Vorstand des Deutschen Kartoffelhandelsverband. Erzähl uns etwas über deine berufliche Laufbahn!
Ich habe im Sommer 2014 mein Studium der Agrarwissenschaften mit Schwerpunkt auf Pflanzenbau/Agrarische Landnutzung mit einem Master of Science an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (an der Saale) abgeschlossen. Danach war ich fast ein Jahr in Neuseeland. In dieser Zeit habe ich bei der Balle Bros Group gearbeitet, ein über mehrere Standorte verteilter Abpackerbetrieb. Er wird in dritter Generation von einer Familie geführt, die neben Kartoffeln auch Zwiebeln, Möhren und anderes anbaut und international vermarktet.
Yvonne Prüfer 2015 in Neuseeland / Quelle: privat.
Wieder zurück in Deutschland bin ich als Assistenz der Geschäftsleitung bei der Solanum eingestiegen. Parallel habe ich in der Erzeugergemeinschaft Qualitätsspeisekartoffeln Ostthüringen w.V. mitgearbeitet und eine Weiterbildung zum Internen Auditor bei der Andreas Hermes Akademie absolviert.
Kartoffelernte in Neuseeland / Quelle: privat.
Wie sieht ein üblicher Arbeitstag für dich aus?
Meist bin ich ab 7.00 Uhr im Unternehmen. Ich starte mit einem Betriebsrundgang in den Tag, begrüße meine Kolleginnen und Kollegen in den Abteilungen und erkundige mich nach der Qualität der vermarkteten Kartoffeln und Zwiebeln. In dieser Zeit hole ich auch Auskünfte über den laufenden Betrieb in den verschiedenen Betriebszweigen ein. Dann geht’s zurück ins Büro: Mails checken und zu Terminen mit Lieferanten- und Kunden. Im Anschluss stehen unternehmerische Kalkulationen an. Die sind wichtig, denn darauf stützt sich unsere mittel- und langfristige Unternehmensausrichtung. Je nach Jahreszeit beinhaltet dieser Teil meines Arbeitsalltags auch Feldbegehungen oder Lagerrundgänge. Zudem lasse ich mich täglich von den einzelnen Betriebsverantwortlichen über die aktuelle Tagesplanung informieren. Gegen fünf Uhr Nachmittags versuche ich meinen Arbeitstag zu beenden.
Gibt es ein Projekt, auf das du besonders stolz bist? Warum?
Unternehmen sind stets und ständig von Veränderungen geprägt. Nicht umsonst heißt es „Hier stille stehn, heißt rückwärts gehen …“ Eines meiner bisher spannendsten Projekte war der Neubau eines Kistenkühllagers und einer Abpack- und Komissionierhalle für Speisekartoffeln. Das Projekt wurde zwischen 2017 und 2019 umgesetzt und orientierte sich an Marktanforderungen, wie ein niedriger Energieverbrauch und der möglichst effektive Einsatz aller Ressourcen. Besonders freut mich, das Projekt hier am Unternehmenssitz realisiert zu haben und dass wir es mithilfe der zuständigen Gemeinde und der Behörden des Landkreises Greiz im geplanten Zeitraum umsetzen konnten. Diese Erweiterung unseres Betriebes bedeutet enormes Potenzial für künftige Aufträge in unserer Wirtschaftsregion und schafft somit auch neue Arbeitsplätze!
Die neue Kommissionierhalle. Quelle: Yvonne Prüfer.
Welchen Rat würdest du anderen jungen Unternehmerinnen oder jungen Frauen, die eine Karriere in der Kartoffelindustrie anstreben, an die Hand geben? Gibt es Netzwerke, die du ihnen empfehlen kannst?
Die Kartoffelbranche bietet ein vielfältiges Spektrum, das sich natürlich – wie in jeder anderen Branche – am Wandel der Zeit und an den Bedürfnissen der Verbraucher orientiert. So haben sich verschiedene, sehr spezialisierte Zweige in der Kartoffelindustrie etabliert: Von der Anbautechnik bis hin zur Züchtung neuer Kartoffelsorten bestehen gerade für junge Leute viele Möglichkeiten Fuß zu fassen! Das wirklich interessante und auch spannende ist, dass kein Jahr dem anderen gleicht und man regelmäßig neue Erkenntnisse erzielt und Erfahrungen macht. Ein wichtiger Interessensvertreter ist der Deutsche Kartoffelhandelsverband e.V. (DKHV), bei dem ich seit April 2019 im Vorstand aktiv mitwirke.
Ein weiteres Beispiel ist meine Mitarbeit und nun Geschäftsführung in der Erzeugergemeinschaft Qualitätsspeisekartoffeln Ostthüringen w.V. Die Gemeinschaft hat 23 Mitglieder, alles Landwirte und Vermarkter. Die Gruppe der Landwirte beinhaltet Betriebe, die auf die Vermehrung von Kartoffeln spezialisiert sind. Sie sind dafür zuständig die verschiedenen Kartoffelsorten an die heimischen Böden zu gewöhnen. Die restlichen Mitglieder der Gemeinschaft sind Anbauer für Speisekartoffeln, die das vermehrte Pflanzgut – wenn möglich – von den Vermehrern beziehen. Es folgt jährlich ein vollständiger Pflanzgutwechsel. Die Anbaumengen werden geplant und somit auch die Vermarktungsmengen abgestimmt. Um den internen Austausch der Mitglieder zu fördern, organisiert die Erzeugergemeinschaft einmal im Jahr eine Fachexkursion für die Mitgliedsbetriebe und mehrere Workshops zu verschiedenen Themen.
Ich kann aufgrund meiner eigenen positiven Erfahrungen insbesondere Jungunternehmerinnen nur empfehlen, aktiv auf diese Netzwerke zuzugehen und sich darin zu engagieren.
Wir wären nicht die Kartoffel, wenn wir nicht nach deinem Lieblingskartoffelgericht fragen würden – also, wie isst du Kartoffeln am liebsten?
Hier kommt die Thüringerin in mir durch! Am liebsten esse ich die Kartoffel als Thüringer Kloß, natürlich von Mama. Dazu genügt Rotkraut und eine leckere Bratensoße. Einfach köstlich! Ich bin übrigens Fan eures Blogs und habe schon das ein oder andere Rezept nachgekocht – lecker!