graue Holzbretter
Kartoffelgedicht Goethe

Die 10 schönsten Kartoffel-Gedichte

„Kartoffel in der Früh, zu Mittag in der Brüh´, zu Abend im ganzen Kleid, Kartoffel in Ewigkeit“ – dichtete angeblich Schiller oder Knollenfans in der Oberpfalz, je nachdem welcher Quelle man glaubt. Auch Shakespeare und Goethe, Erich Kästner und Joachim Ringelnatz sowie die Literaturnobelpreisträger Pablo Neruda und Nelly Sachs beschäftigten sich mit unserer Lieblingsknolle. Wir präsentieren: die neun schönsten Gedichte mit Kartoffeln!

William Shakespeare im Kartoffelregen

Zu Shakespeares Zeiten war die Kartoffel noch eine ziemliche Neuheit für Europäer. Die Knollen waren selten und teuer, ihnen wurden aphrodisierende Wirkungen zugeschrieben. In „Die lustigen Weiber von Windsor“, ein Theaterstück das, wie alle Stücke von Shakespeare, in Gedichtform geschrieben ist und das vermutlich 1597 geschrieben wurde, rächen sich ein paar listige Frauen an einem Betrüger. Sir John Fallstaff hat sie und ihre Familien um viel Geld gebracht. Im 5. Akt sagt Fallstaff: „Let the sky rain potatoes“ („Lass den Himmel Kartoffeln regnen“ um die verheiratete Mrs. Ford (eine der listigen Frauen) zu ermuntern vor den fiesen Überraschungen der Welt in seinen Armen Schutz zu suchen. Wenig ahnt er in diesem Moment, dass er es ist, den unschöne Überraschungen erwarten. Vielleicht wäre es Sir John Fallstaff also tatsächlich lieber gewesen, eine Kartoffel hätte ihn am Kopf getroffen!

Goethe und Schiller, Dichter und Kartoffelfans

Angeblich erwähnt Johann Wolfgang von Goethe, der 1749 in Frankfurt am Main geboren wurde, die Kartoffel mehrfach in seinen Werken. Zudem wird ihm folgendes Zitat zugewiesen:

„Morgens rund, mittags gestampft,
abends in Scheiben –
dabei soll’s bleiben. Es ist gesund.“

Friedrich Schiller hingegen soll Folgendes gesagt haben (wenngleich wir keinen seriösen Beleg hierfür finden konnten):

„Kartoffeln in der Früh,
Zu Mittag in der Brüh,
Des Abends mitsamt dem Kleid,
Kartoffeln in Ewigkeit!“

Heinrich Heine und die demokratische Kartoffel

Der in Düsseldorf geborene Heinrich Heine ist einer der bedeutendsten deutschen Dichter und Schriftsteller – seine künstlerischen Errungenschaften prägen noch heute die deutsche Literatur. Heinrich Heine war politisch engagiert und wurde für seine spitze Zunge gefeiert. So wunderte er sich, warum die „aristokratische“ Rose besungen wird und warum der demokratischen Kartoffel, die das Volk nährt, diese Ehre nicht zuteil wird. Besingt sie, forderte er sie auf!

Rainer Maria Rilke und die Kartoffel im Rampenlicht

Zwar schrieb der österreichische Dichter Rilke kein reines Kartoffel-Gedicht, setzte ihr aber in Mittelböhmische Landschaft von 1895 ein Denkmal. Vor Rilke entfalten sich unter blauem Himmel Wälder, Wiesen und Felder. „Im hellsten Licht keimt die Kartoffel“, stellt er dabei fest.

Nelly Sachs im Kartoffelfeld

Der erste Gedichtband der deutsch-schwedischen Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Nelly Sachs erschien 1921. In den Jahren danach veröffentlichte sie ihre Gedichte in einigen Zeitungen u. a. „Zur Ruh“, das 1929 in der Vossischen Zeitung erschien. Darin fliegt ein Falter zu später Stunde über ein Kartoffelfeld und wiegt dabei den Schlaf der ganzen Welt. Schöne Vorstellung!

Erich Kästner riecht Kartoffeln im September

So ein schöner Monat, der September! Noch warm vom August, aber auch voller Melancholie des scheidenden Sommers. Erich Kästner schrieb 1955 über die charakteristischen Gerüche dieser Zeit: Obst und Gemüse und Gemüse werden in den heimischen Küchen zu Mus und Gelee, in München wird fleißig Bier getrunken und Huhn vom Spieß gegessen und auf den Feldern brennen Kartoffelfeuer. Das Kartoffelfeuer bestand übrigens aus Kartoffelkraut und in der Glut wurden Kartoffeln gegart und gemeinsam verspeist. Übrigens ist Erich Kästner nicht der einzige Schriftsteller, für den Kartoffelfeuer eine besondere Bedeutung haben: Der Debütroman „Die Blechtrommel“ von Literaturnobelpreisträger Günter Grass beginnt auf einem Acker, auf dem ein Kartoffelfeuer brennt.

Notizbuch und Füller 09 2019

Joachim Ringelnatz – Zauberknollen und Pellka sagen leise Ade

Als er 1934 in Berlin an Tuberkulose starb, lag ein bewegtes Leben hinter Joachim Ringelnatz. Es hatte ihn von Wurzen bei Leipzig bis nach Honduras, Groß-Britannien und Amsterdam gebracht. Bekannt ist Ringelnatz für seine witzigen Gedichte. Im Jahr 1910 erschien „Was Topf und Pfann’ erzählen kann“ in der eine Kartoffel eine tolle Geschichte über eine Zauberknolle erzählen möchte, die einen Regenwurm in ein Blatt und dann in ein Pferd verwandelt. Noch ehe sie die Geschichte beginnt, wird sie gar und verstummt.

Im Jahr von Ringelnatz Tod erschien in „Gedichte von Einstmals und heute“ „Abschiedsworte an Pellka“. Darin hat soeben die schlimmste Stunde der Pellkartoffel geschlagen: Sie wird verspeist. Ringelnatz nennt sie liebevoll Ausgekochte, Zeitgeschälte und Edelknolle und überlegt, sie mit Butter und Leberwurst zu essen. Dann fragt er den „Gipfel meines Entzückens“: „Soll ich Schnittlauch über dich streun?“. Könnte Pellka antworten, würde sie bestimmt ja sagen.

Pablo Neruda schreibt eine Ode an die Knolle

Der chilenische Literaturnobelpreisträger Pablo Neruda schrieb 1954, da war er 50 Jahre alt, eine Ode an die Knolle. Neruda erzählt in Symbolen die Geschichte der Kartoffel, von der Insel Chiloé, von der Kolonisation durch Spanier und vom Siegeszug der Kartoffel, die als universelle Delikatesse die Welt erobert. Die „Mandel der Erde“ sei Feind des Hungers und ein unerschöpflicher Schatz aller Völker. Neruda erinnert die von den Spaniern „Patata“ getaufte Kartoffel an ihren ursprünglichen indigenen Namen, papa, und an ihre heimischen Wurzeln, in der Dunkelheit der südamerikanischen Erde. Rührend!

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