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5 Fragen an Sophia Proebsting Masterstudentin Agrarwissenschaften Universitat Gottingen2020

Master in Agribusiness: 5 Fragen an Sophia Pröbsting

Sophia Pröbsting ist 26 Jahre alt und beginnt demnächst mit der Abschlussphase ihres Masterstudiums für Agrarwissenschaften an der Georg-August-Universität in Göttingen. Die junge Landwirtin steckt jedoch schon mitten in der Bewirtschaftung des familieneigenen landwirtschaftlichen Betriebs, dem Hof Pröbsting in Nordkirchen. Auf dem Hof werden neben Kartoffeln auch Erdbeeren angebaut. Die Familie von Sophia unterhält zudem eine Schweineaufzucht und betreibt Ackerbau. Ihre Idee für eine Do-It-Yourself-Kartoffelernte auf einem Acker in Selm wurde auch in der lokalen Presse als voller Erfolg gefeiert.

Hof Proebsting Tolle Knolle Kartoffeln zum selber Ernten Nordkirchen

Wir haben Sophia gefragt, warum sie sich für ein Masterstudium in den Agrarwissenschaften mit dem Schwerpunkt Agribusiness entschieden hat, welchen Nutzen sie und ihr Hof bisher aus dieser Zeit gezogen hat und wie ihre Pläne für die kommenden Jahre aussehen.

Übrigens: Wer rechtzeitig über künftige Do-It-Yourself-Kartoffelernten in Selm informiert werden möchte, folgt am besten der Facebook-Seite des Hof Pröbsting und oder folgt deren Instagram-Kanal.

Sophia Proebsting DIY Kartoffelernte Acker

Sophia Pröbsting auf dem DIY-Kartoffelacker in Selm. Quelle: Sophia Pröbsting.

Liebe Sophia, du studierst im letzten Semester im Master Agrarwissenschaften mit dem Schwerpunkt Agribusiness an der Uni Göttingen und schreibst demnächst deine Masterarbeit. Davor hast du den Bachelor of Science in Agrarwissenschaften abgeschlossen, ebenfalls an der Uni Göttingen. Aus welchem Grund hast du dich für diese Hochschule und diese Studienrichtung entschieden?

Ich bin auf einem landwirtschaftlichen Familienbetrieb im Münsterland aufgewachsen. Daher hatte ich von klein auf viele Berührungspunkte mit der Landwirtschaft. Das Hofleben hat mich geprägt. Und auch wenn Landwirtschaft zuerst noch nicht an erster Stelle meiner Interessen stand, hat sich zum Ende meiner Schulzeit immer öfter die unumgängliche Frage gestellt: „Und jetzt? Was kommt nach dem Abitur?“

In dieser Zeit wurde das Thema Landwirtschaft mehr Teil meiner Zukunftspläne. Nach dem Abitur startete ich deswegen in eine einjährige Praktikumsphase. In dieser Zeit habe ich in einem landwirtschaftlichen Betrieb – einer Schweinemast –, in der Futtermittelindustrie sowie in einer betriebswirtschaftlichen Beratung für schweinehaltende Betriebe in Westfalen gearbeitet. Diese Praktika haben mir einen sehr vielschichtigen Einblick gewährt: In die praktische Landwirtschaft und in vor- und nachgelagerte Bereiche, darunter auch ein Futtermittelmischwerk. Alle diese Erfahrungen führten mich zu der Entscheidung Agrarwissenschaften zu studieren und mich künftig im familieneigenen Hof einzubringen.

Sophia Proebsting Hof Pröbsting Nordkirchen

Der Hof Pröbsting in Nordkichen. Quelle: Sophia Pröbsting.

Und warum Göttingen? Das war ein Bauchgefühl. Göttingen und meine Heimat trennen knapp 240 Kilometer. Das ist eine „gesunde“ Entfernung. So hatte ich zum einen die Möglichkeit einen Blick über den Tellerrand zu werfen. Zum anderen sind sowohl die Uni als auch der Studiengang groß genug, um viele neue Kontakte und Freundschaften aus den unterschiedlichsten Regionen Deutschlands zu knüpfen. Auch wichtig: Ich verlor den Bezug zur Heimat nicht, weil ich am Wochenende auch mal eben flott wieder dort war!

Wie hast du den Bachelor und die letzten drei Semester deines Masterstudiengangs erlebt? Welche Schwerpunkte waren vom Lehrplan vorgegeben, welche hast du selbst gesetzt?

Mein Bachelorstudium begann mit drei Semestern Grundstudium und festgelegten Modulen. Diese Inhalte legen eine gute Basis für die Fachbereiche Tier, Pflanze und Betriebswirtschaft. Danach folgten drei Semester mit einer Spezialisierung in einem der Fachbereiche.

Ich entschied mich damals für den Schwerpunkt Agribusiness, ein betriebswirtschaftlicher Studiengang mit Fokus auf die Landwirtschaft. Im Bachelor gehören dazu Module wie Strategisches Marketing in der Agrar- und Ernährungswissenschaft, Rechnungswesen und Controlling, Marketing und Marktforschung für Agrarprodukte und Lebensmittel. Diesen Schwerpunkt führe ich nun im Master Agrarwissenschaften weiter.

Sophia Proebsting Masterstudentin Agribusiness Göttingen

Sophia Pröbsting auf dem Do-It-Yourself-Kartoffelacker in Selm. Quelle: Sophia Pröbsting.

Im Masterstudium mit Schwerpunkt Agribusiness gibt es eine bestimmte Anzahl Pflichtmodule (Marketing, Management in der Ernährungswirtschaft, Organisation von Wertschöpfungsketten und Qualitätsmanagement tierischer Produkte). Darüber hinaus wählt man aus einem großen Pool an Modulen. Welche Module man wählt, ist einem komplett selbst überlassen. Also kommen auch Module aus den Schwerpunkten Tier und Pflanze in Betracht. Ich habe mich für einige Module aus dem Tier-Schwerpunkt entschieden, da ich mich sehr für dieses Thema interessiere und mich die Inhalte auf den ersten Blick überzeugten.

Welche Kompetenzen, beruflichen Perspektiven und Netzwerke versprichst du dir vom Masterstudium?

Grundsätzlich habe ich den Master – neben den Studieninhalten – als eine Möglichkeit gesehen, mich in der Landwirtschaft als Branche noch etwas mehr umzuschauen. Beispielsweise durch ein weiteres Praktikum, um einen noch besseren Eindruck zu bekommen, wo es nach dem Studium hingehen kann. Das Praktikum habe ich im Business Unit Getreide im Bereich Marketing beim Saatzüchtungsunternehmen KWS in Bergen absolviert. Zu meinen Aufgaben gehörte u. a. die Planung, Umsetzung und Bearbeitung von Videos, das Mitwirken an und die Moderation von fachspezifischen Videos für Social-Media und das Verfassen von Beiträgen für die firmeneigenen Social-Media-Kanäle.

Sophia Proebsting Master Agraribusiness Göttingen Kartoffelernte

Sophia Pröbsting bei der Kartoffelernte. Quelle: Sophia Pröbsting.

Schlussendlich waren die zwei Jahre im Master sinnvoll investierte Zeit. Ich habe neue Impulse zu bekommen und in Ruhe darüber nachgedacht, wo der grobe Weg in den nächsten Jahren hinführen soll. Ich konnte auch abwägen, welchen Platz ich zukünftig im Familienbetrieb einnehmen möchte. Die Zeit war natürlich auch eine gute Gelegenheit, um bestehende Kontakte aus dem Bachelorstudium zu festigen und zu vertiefen. Es ist angedacht, dass ich künftig den Betriebszweig Sonderkulturen vom Hof Pröbsting weiterführe. Ich habe mir zudem vorgenommen, die Direktvermarktung auszubauen und mich in diesem Bereich weiterzubilden. Wir erwägen ebenfalls den Anbau um zusätzliche Fruchtarten zu erweitern.

Inwieweit bereitet dich das Studium an der Uni Göttingen für deine Tätigkeit im landwirtschaftlichen Betrieb deiner Familie vor? Gibt es Beispiele für Projekte oder Veränderungen, die von Studieninhalten inspiriert wurden?

Das Studium bereitet mich auf zwei unterschiedlichen Arten auf die Arbeit im Familienbetrieb vor: Einerseits denkt man beim Studium natürlich direkt an die Module und Vorlesungen, die im Grundstudium eine gute Basis bilden und weiterführend einen tieferen Einblick in bestimmte Fachgebiete ermöglichen.

Aus meinen Erfahrungen kann ich aber auch sagen, dass auf diesen Informationen aufbauend, der Austausch mit anderen Studierenden zu praktischen Themen für die spätere Arbeit im Betrieb enorm wichtig ist. Dieser Austausch jenseits von Vorlesung und Seminar erweitert den Horizont ungemein, lässt Ideen sprießen und motiviert unheimlich neue Projekte in der Praxis umzusetzen. Man erfährt beispielsweise, was andere Höfe oder Unternehmen so machen und lernt aus ihren Erfahrungen.

Sophia Proebsting Masterstudentin Agrarwissenschaften Göttingen

Sophia Pröbsting mit einem Teil der diesjährigen Kartoffelernte vom Hof Pröbsting. Quelle: Sophia Pröbsting.

Und hier ein Beispiel, wie aus der Verknüpfung von agrarwissenschaftlichem Studium und landwirtschaftlichem Betrieb ein konkreter praktischer Mehrwert für uns entstand: das Thema meiner Bachelorarbeit über unterschiedliche Erdbeeranbausysteme. Diese Systeme habe ich hinsichtlich Produktions- und Arbeitserledigungskosten verglichen. Ich habe in dieser Zeit nicht nur meine Bachelorarbeit angefertigt, sondern nebenbei viel über die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Systeme gelernt. Das in dieser Zeit gewonnene Wissen lässt sich nun super in den Betriebsalltag am Hof Pröbsting einbringen. Eine Win-win-Situation!

In diesem Jahr hat der Hof Pröbsting das erste Mal eine Do-It-Yourself-Kartoffelernte auf seinem Acker in Nordkirchen (Selm) veranstaltet. Was hat dich zu dieser Aktion inspiriert und wie ist sie angekommen?

Es waren mehrere Punkte, die uns zu der Entscheidung geführt haben unsere „Tollen Knollen zum selber Ernten“ anzubieten. Einerseits haben wir durch die Direktvermarktung von Erdbeeren beobachtet, dass die Nachfrage nach selbst geernteten Produkten wächst. Zudem stand uns eine Fläche in günstiger Lage, also am Stadtrand von Selm, zur Verfügung. Schlussendlich geht es aber auch um Transparenz. Uns ist es wichtig zu kommunizieren, wie die Landwirtschaft in unserer Region funktioniert und dem Verbraucher durch solche Angebote einen Einblick in unsere tägliche Arbeit auf dem Hof zu gewähren.

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Plakat zur Bewerbung der Do-It-Yourself-Kartoffelernte des Hof Pröbsting aus dem Jahr 2020. Quelle: Sophia Pröbsting.

Daher entschlossen wir uns im Frühjahr 2020 die Kartoffeln für unser Projekt zu pflanzen. Wir entschieden uns für zwei gängige Kartoffelsorten: eine festkochende und eine vorwiegend festkochende Sorte. Die Kartoffeln entwickelten sich gut und konnten an zwei Wochenenden Anfang September geerntet werden.

Das Ganze funktionierte so: Zuerst wählten die Kunden eine der beiden Sorten und bestimmten daraufhin wie viele Meter Acker geerntet werden sollten. Aufgrund günstiger Wachstumsbedingungen für die Pflanzen konnte man mit einem Gewicht von ca. 4 kg Kartoffeln pro Meter rechnen. Das war mehr als wir bei Projektbeginn erwartet hatten! Dann konnten die Kunden auch schon mit der Ernte loslegen. Die Kartoffeln haben wir vorher frisch mit einem alten Kartoffelroder an die Oberfläche geholt. Die Knollen konnten dann ohne große Mühe aus der losen Erde gesammelt werden. Für viele war das nicht nur ein schönes Erfolgserlebnis, sondern auch der erste Kontakt mit einer Kartoffelernte überhaupt!

Sophia Pröbsting DIY Kartoffelernte Nordkirchen

Eindrücke von der Do-It-Yourself-Kartoffelernte in Selm. Quelle: Sophia Pröbsting.

Unser Resümee der Aktion ist durchweg positiv. Sowohl die Nachfrage an beiden Erntetagen, als auch die gute Stimmung auf dem Acker machen Lust auf eine Wiederholung im nächsten Jahr. Darauf freue ich mich schon!

Mit freundlicher Unterstützung

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